Fotzenschleimpower gegen Raubtierkaputtalismus – Wiener Festwochen ** Titel ist Programm

Sujet Fotzenschleimpower (c) Boris Kralj

Lautes Geflüster, das an ASMR erinnert, beginnt den Raum zu beschallen. Eine Geschichte wird erzählt: Die Geschichte eines Aliens. Langsam steigt dieses Alien durch den Zuschauerraum auf die Bühne. Das Alien hat viel erlebt in seiner Zeit – Flucht, Rassismus, Pandemie, abgeschottet sein, Kapitalismus, Theaterindustrie – all diese Themen werden in nur 70 Minuten verpackt. 

Wo ist eine Kritik an der Theaterszene besser angebracht als auf einer Bühne?

Das Alien – die einzige Figur in diesem Ein-Frau-Stück – beschreibt eindrücklich von dem Ignoriert und dem Vergessen werden. Mateja Meded erzählt seine Geschichten von zwei Punkten seiner Lebensspanne: die Erwachsene und das Kind.

(c) Nurith Wagner-Strauss / Wiener Festwochen

Die erwachsene Theatermacherin

Erfahrungen im Studium und Arbeiten mit Kolleg*innen, die selbst auch schreiben und inszenieren…. Einerseits Teil davon zu sein, aber auch davon abgeschottet zu sein. Frau*Man muss sich immer wieder verkaufen, um zu überleben. Eine Kommilitonin feiert schließlich Theaterpremiere mit der Lebensgeschichte der Erzählerin. Sie nimmt eine Handgranate dorthin mit, überlegt vorher noch stundenlang, was anzuziehen ist und schreibt noch schnell ein paar Emails, die in den Tiefen des Internets verschwinden werden – ohne Antwort. Die Verwendung und Verarbeitung ihrer eigenen Geschichte wird ihr von außen aufgedrückt und schlussendlich ihre eigene Geschichte ohne sie verarbeitet.

Die Flucht nach Deutschland

Das Kind erzählt gänzlich andere Erfahrungen: Die Geschichten und Schicksale ihrer Familienmitglieder, aus der kindlichen Perspektive, die sie damals hatte. Die Schwester, die kurz vor dem Staatsexamen war und Gesetzestexte eines Staates lernte, den es nicht mehr geben würde. Der Vater, der hauptberuflich bei der Mafia und nebenbei Politiker war. Indem sie ihre Geschichte hier selbst erzählt, beherrscht sie sich selbst. Sie entscheidet, was sie teilt, wie sie es macht und warum sie es macht. Niemand anderes. Kann man sich selbst ausbeuten? 

(c) Nurith Wagner-Strauss / Wiener Festwochen

Fazit?

Unglaublich stark, ich war wie elektrisiert! Die Verzweigung von Themen und Situationen, die so absurd komisch sind und einem gleichzeitig  den Atem stocken lassen. Wie Mateja Meded selbst im Programmheft sagt: “Es ist eigentlich eine Tragikomödie.“ ABSOLUTE EMPFEHLUNG!

Sprache: deutsch, Übertitel: englisch
Team On- und Offstage:

Text, Konzept, Performance, Regie, Bühne, Kostüm Mateja Meded
Voiceover Mika Amsterdam, Anna Laner, Dramaturgie Anna Laner

Mehr zum Stück gibt's hier.
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