Dear Beautiful Beloved – Viennale ** Flucht, Tod & Emotion

Immer in Bewegung – im Krieg gibt es keinen Stillstand. Transport von Menschen an die Front, von dort zurück nach Hause. Transport von einer temporären Unterkunft in die nächste, Transport von Waffen. Alles ist ständig in Bewegung, auf der Flucht, auf dem Weg zu einem anderen Ort. Dies zeigt besonders eindrucksvoll der Film “Dear Beautiful Beloved” von Juri Rechinsky, der mit seinem Team diese Bewegungen zu den unterschiedlichsten Orten in der Ukraine begleitet hat – Magdalena hat ihn sich angesehen.

Hard facts: 1h33min., ukrainischer Dokumentationsfilm (2024), Originalton mit deutschen oder englischen Untertiteln, Regie: Juri Rechinsky.
Zeitraum der Aufnahmen: Juli 2022 – Juli 2023 / Fertigstellung in 2024, insgesamt wurde 60 Tage lang gefilmt.
Im Februar 2025 wird dieser Film in den österreichischen Kinos anlaufen.

Im Gegensatz zum Film “Realm of Satan” ist “Dear Beautiful Beloved” sehr wohl ein Dokumentarfilm – und hier wird die wahre Hölle gezeigt: die Nebenschauplätze des Krieges.

Dear Beautiful Beloved © Horse&Fruits

Schauplatz 1: Vorübergehende Sicherheit.

Es beginnt mit der Evakuierung von älteren und kranken Bewohner*innen eines Wohnhauses. Die freiwilligen Helfer*innen sprechen nur Englisch, die evakuierten Senior*innen nur Ukrainisch. Einige können selbständig durch das Stiegenhaus gehen, andere müssen mit einer Trage herausgebracht werden. Sie werden mit einem Bus zu einem Zug gebracht, manche verabschieden sich am Bus noch von den wenigen, die dennoch zurückbleiben (ohne Angehörige oder Hinterbliebene). Mit dem Zug geht es weiter in eine temporäre Unterkunft – und gleich zu Beginn verstirbt eine der evakuierten Personen beim Transfer. In der temporären Unterkunft gibt es Essen, Trinken und Betten – mit bis zu fünf Personen in einem Raum. Hab und Gut sind manchmal in Taschen, aber öfter in Plastiksäcken verstaut. Es wird aufgeschrieben, wem was gehört, während von den Helfer*innen weiter geplant wird, wohin die Reise für die Evakuierten weitergeht.

Dear Beautiful Beloved © Horse&Fruits

Schauplatz 2: Spuren des Krieges.

Während diese Menschen ihr Zuhause verlassen müssen, werden auf dem hinterlassenen Schlachtfeld von den Zurückgebliebenen die gefallenen Soldaten gesucht. Sie werden mit ihren “Tags” (Erkennungsmarken mit einer Kennziffer zur Feststellung der Identität) identifiziert und in Leichensäcke verpackt. Ihr Weg geht nun zurück in die Heimat, zurück zu ihrer Familie. Transportiert werden sie in großen LKWs, die von Station zu Station fahren, weitere Soldaten einsammeln und nach einigen Tagen schließlich zum Leichenbestatter bringen. Auch ihr Hab und Gut wird in Plastiksäcken eingefasst, genau dokumentiert und mitgegeben. Immer wieder telefoniert der LKW-Fahrer, um die weitere Wegstrecke abzuklären. Endstation auf dieser Strecke sind die Leichenbestatter: Hier werden die Soldaten gewaschen und angezogen, bevor die Angehörigen zu ihnen kommen können. Es ist ein unendlich berührender Moment, in dem die Angehörigen ihre Kinder wieder sehen. Kinder, von denen sie dachten, dass sie ihre Eltern überleben würden.

Dear Beautiful Beloved © Horse&Fruits

Schauplatz 3: “sicheres” Chaos.

Auf den Bahnhöfen sammeln sich viele Menschen, vor allem Mütter mit ihren Kindern, die aus der Ukraine flüchten müssen. Sie versuchen nach Budapest zu kommen – oder sind so rapide geflüchtet, dass sie noch gar nicht wissen, wohin es gehen soll, nur weg von hier. Sie müssen am Bahnhof übernachten, warten, bis die nächsten Züge wieder fahren, und kommen nur über Umwege an Fahrkarten. Zum Schluss sieht man das Innere des Zuges. Mütter und Kinder auf ihren Sitzplätzen, wie sie schlafen, essen und wenigstens für einen kurzen Moment zur Ruhe kommen können. Wie es danach weitergeht, ist ihnen noch nicht bekannt.

Dear Beautiful Beloved © Horse&Fruits

Fazit: Evakuierung, Flucht, Tod – viel Emotion..

Eine sorgfältig geführte Dokumentation der schrecklichen Schauplätze abseits des Krieges, die nur aufgrund des Kriegs existieren. All diese Erzählungen werden miteinander verflochten, man erlebt immer wieder eine Strecke des Weges, bevor es zum nächsten Abschnitt geht. Die Bilder und Gespräche stehen für sich, sie sind überwältigend. Ein wirklich berührender Film, der einem die Kehle zuschnürt und vor Augen führt, was sich noch heute in der Ukraine abspielt – und in jedem anderen Krieg auch. Man braucht für diesen Film starke Nerven und viele Taschentücher.

Regisseur Juri Rechinsky sprach nach der Vorführung ein wenig über die Produktion des Films, wie sie als Filmteam diese Schrecken erlebt haben. Manche der evakuierten älteren Leute rufen immer noch manchmal bei ihnen an, mit der Bitte, sie wieder nach Hause zu bringen. Doch dieses Zuhause gibt es nicht mehr.

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