Von Filmaufführungen, Fotoausstellungen und feministischen Chören – weltweit finden zwischen dem 25. November, dem Internationalen Tagen gegen Gewalt an Frauen und dem 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, Solidaritätsaktionen für gewaltbetroffene Frauen statt. Auch in Wien gibt es hierzu jedes Jahr einige (Kultur-)Events: Wir haben hier eine Auswahl für euch.
TRIGGER WARNING:
Die hier besprochenen Inhalte bzw. Inhalte der Kunst- und Kulturveranstaltungen können für manche Personen erfahrene Traumata triggern. Bitte achte gerade bei emotional schweren Themen wie diesem auf deine Psyche. Du bist selbst von Gewalt betroffen, oder kennst wen der Hilfe braucht? Auskunft und Hilfe für Gewaltbetroffene gibt es hier:
📍 Frauenhelpline (Mo–So, 0–24 Uhr, anonym und kostenlos): 0800 / 222 555
📍 Gewaltschutzzentren (anonym und kostenlos): 0800 / 700 217
📍 Telefonseelsorge (Mo–So, 0–24 Uhr, vertraulich und kostenlos): 142
Ein bisschen Kontext: Worum geht’s?
Am 25. November, dem internationalen Gedenktag für alle Frauen und Mädchen, die Gewalterfahrungen machen mussten, startete die weltweite Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Bis zum 10. Dezember finden weltweit Solidaritätsaktionen statt, um strukturelle Gewalt an Frauen und dessen Ausprägungen zu thematisieren, zu sensibilisieren und Bewusstsein zu schaffen.
Allein in Österreich erfährt jede dritte Frau ab einem Alter von 15 Jahren körperliche und/oder sexuelle Gewalt, so eine Erhebung der Statistik Austria aus den Jahren 2020-2021. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) zeigt im Fall der Frauenmorde – Femizide – dass in Österreich pro Monat durchschnittlich drei Frauen ermordet werden. Im Jahr 2024 wurden 27 Frauen umgebracht und 39 Fälle von schwerer Gewalt oder Mordversuchen verzeichnet (Stand 25.11.2024). Umso wichtiger ist es zu verstehen, dass hinter Femiziden und Gewaltverbrechen an Frauen gesamtgesellschaftliche Probleme und patriarchale Strukturen stecken. Einige frauenpolitische Initiativen haben es sich daher zum Ziel gesetzt, in diesen 16 Tagen Aufmerksamkeit für die Thematik zu erlangen (Aktionen im AÖF-16-Tage-Kalender). Aber auch im Kulturbereich gibt es jährlich spannende Veranstaltungen, die einem die Thematik näher bringen. Tabea von kultur*knistern hat einige Wiener Events für euch gesammelt.
1. „Warum lachst du nicht?“ Öffentliche Fotoinstallation zwischen Heldenplatz, Ring und MQ
Fotokunstausstellung im Öffentlichen Raum zu Häuslicher Gewalt
bis 10.12. @ Heldenplatz, Burgring & MuseumsQuartier Wien
Eintritt frei!
Wenn ihr in den nächsten Tagen zwischen Heldenplatz, Burgring und Museumsquartier unterwegs seid und euch große weiße Leinwände auffallen, bleibt unbedingt kurz stehen und schenkt dem emotionalen Fotoprojekt „Warum lachst du nicht?“ vom Künstler Robert Fleischanderl eure Aufmerksamkeit. In der Fotoinstallation werden anhand dokumentarischer Foto-Text-Kombinationen unterschiedliche Aspekte häuslicher Gewalt an Frauen und Kindern thematisiert. Dabei sind Statements wie “Anfangs schlug er mich nicht vor den Kindern. Irgendwann dann aber schon” zu lesen. Im Mittelpunkt der Fotos stehen die Wohnungen, in denen die Gewaltverbrechen passiert sind.
14 Gewaltbetroffene gewährten dem Künstler und Lisa Kärcher (verantwortlich für das Kuratieren der Texte) intime Einblicke in die Akten ihrer Gewalterfahrungen und Zutritt zu ihren Wohnungen. Der Künstler hat dabei stets berücksichtigt, wie Kunst über Gewalt erzählen kann, um die Würde, den Schutz und die Anonymität der Betroffenen zu gewährleisten.
2. Veranstaltungen gegen genderspezifische Gewalt – Stadtbüchereien Wien
Veranstaltungen gegen Gewalt an Frauen und Kindern, das ganze Programm gibt’s hier.
25.11.-10.12. @ div. Büchereien der Stadt Wien
Eintritt frei!
Die Büchereien der Stadt Wien nehmen dieses Jahr erstmals an den internationalen Aktionstagen gegen Gewalt an Frauen teil und bieten während der 16 Tage in Kooperation mit StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt verschiedene Veranstaltungen an.
Neben themenspezifischen Lesungen, wie zum Beispiel “Liebe und Tod im Patriarchat” mit Yvonne Widler, Simone Hirth und Barbara Rieger, gibt es auch Schreibworkshops, Performances und Büchertische mit themenspezifischen Buchempfehlungen. Auch die Poetry-Fans unter euch kommen auf ihre Kosten: Von September bis November konnte jede*r einen Text zum Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder einsenden. Drei Texte wurden gewählt, die am 27.11. bei der Veranstaltung “SAG ES LAUT” von den Autor*innen vorgelesen werden. Dazu gesellen sich die drei Texterinnen Fanny Famos, Elana Sarto und YASMO. Das ganze Programm gibt’s hier.
✨ SAG ES LAUT – Poetry gegen Gewalt
27.11., 19:30 Uhr @ Bücherei Penzing / Hütteldorfer Straße 130D
max. Teilnehmer*innenzahl: 80, Anmeldung: penzing@stop-partnergewalt.at
✨ Liebe und Tod im Patriarchat
02.12., 19:00 Hauptbücherei am Gürtel, 1070, Urban-Loritz Platz 2a
Anmeldung: ticket.wien.gv.at/M13STB
✨ Schreibwerkstatt mit Fanny Famos
02.12., 16:00 @ Bücherei Alsergrund / Alserbachstraße 11, 1090
max. Teilnehmer*innenzahl: 15, Anmeldung: alsergrund@stop-partnergewalt.at
3. Ein Sprung zum Filmfestival für Menschenrechte
“this human world” – international human rights film festival
Eintritt: 9€/8€ pro Film, 5-er Pass 38€
27.11. – 08.12. @ versch. Kinos in Wien
Das ganze Programm gibt es hier.
Für alle Filmliebhaber*Innen, die für Filme mit starker Message brennen, ist das International Human Rights Film Festival genau das Richtige. Es ist das erste internationale Filmfestival für Menschenrechte in Wien und bietet damit eine Plattform für einen filmischen und kritischen Diskus. “This human world” bietet ein breites Angebot an Filmen, von Dokumentarfilmen und narrativen Spielfilmen bis hin zu Animationen und Experimental-Filmen. Thematische Schwerpunkte des Filmfestivals liegen unter anderem in den Bereichen Environmental Change, Working Realities oder Tales of Womanhood. Letzteres ist thematisch innerhalb der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen natürlich sehr interessant und soll die Widerstandskraft, den Mut von Frauen und den immanenten Kampf gegen patriarchale Machtstrukturen sichtbar machen.
Das Ziel des Filmfestivals steckt darin, die eigenen Ansichten zu reflektieren und Systeme aufzuzeigen, in denen Menschenrechte vernachlässigt werden. Neben den Filmvorführungen umfasst das Programm auch Vorträge, Workshops, Gespräche, Podiumsdiskussionen und Aufführungen.
4. Charity Punsch im MQ mit feministischer Choreinlage
27.11., 17:00 – 20:00 Uhr @ MuseumsQuartier Wien, 1070
Veranstaltet von: MQ Wien & FEM.A, gemeinsam mit femchor
Eintritt Frei!
Lust auf warmen Punsch und feministische Songs? Say no more! Anlässlich der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen organisiert das MQ einen Charity Punsch, bei dem der Erlös an den Verein für feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) geht. FEM.A ist eine Initiative, die unter anderem gewaltbetroffene Mütter unterstützt. Begleitet wird die Charity Aktion vom femchor mit einer mehrstimmigen Performance: Der Chor singt lautstark für feministische Anliegen und gegen patriarchale Strukturen, Sexismus und Diskriminierungen jeglicher Art, die Menschen an einer selbstbestimmten und gleichberechtigten Lebensführung hindern.
5. Auf den Spuren der Frauenbewegung
28.11., 18:00 Uhr @ Haus der Geschichte Österreich / Neue Burg, Heldenplatz, 1010
Veranstaltet von: Haus der Geschichte Österreich, max. Teilnehmer*innenzahl: 22
Eintritt: Führungspauschale 4€ / ermäßigt 3€ pro Person zzgl. Eintritt (9€ / 7€)
Wer sich für die Geschichte der Frauenbewegung und den Slogan “Das Private ist politisch” interessiert, ist bei dem Rundgang durch die Ausstellung “Neue Zeiten: Österreich seit 1918“ mit Kuratorin Marianna Nenning genau richtig. Das Haus der Geschichte lädt zur gemeinsamen Diskussion von zentralen Fragen der Gegenwart ein, um gleichzeitig ihre Spuren zurück in die Vergangenheit zu verfolgen. Dabei stehen verschiedene Fragen im Zentrum, unter anderem warum Femizide oft nur als „Migrationsthema“ oder als „Beziehungskonflikt“ dargestellt werden, anstatt sie als strukturelles Problem anzuerkennen, oder was das Recht auf Abtreibung mit sexueller Gewalt gegen Frauen im Nationalsozialismus zu tun hat und ob einmal erkämpfte Rechte wirklich dauerhaft gesichert sind. Die Diskussion geht dabei von Objekten aus der Sammlung des Hauses der Geschichte Österreich aus: Vom Schal von einem Protest gegen Femizide bis zu einem Brettspiel und einem Reisepass.
6. Movies Against Femicides
28.11., 20:15 Uhr @ Admiral Kino / Burggasse 119, 1070
Eintritt: 9,50€
Ihr seid auf der Suche nach feministischen Filmreihen? Dann seid ihr bei der Initiative Movies Against Femicies (MAF) genau richtig. In Kooperation mit dem Admiralkino wurde eine Screeningreihe auf die Beine gestellt, um eine kritische Auseinandersetzung mit den Themen Femizid und Prostitution anzuregen. Es geht um einen gemeinsamen Austausch, bei dem verschiedene Facetten der Sexarbeit diskutiert werden sollen. Den Ursprung hat die Initiative in den Ereignissen vom 24. Februar 2024, wo innerhalb von 24 Stunden fünf verschiedene Frauen von Männern umgebracht wurden. Darunter befanden sich ein 13-jähriges Mädchen, ihre Mutter und drei Frauen, die in einem Bordell in der Brigittenau arbeiteten. MAF will unter anderem darauf aufmerksam machen, dass in der Sexarbeit tätige Frauen bis zu 18 mal häufiger getötet werden als die weibliche Durchschnittsbevölkerung.
Am 28. November findet das erste Screening von MAF im Admiralkino statt. Gemeinsam wird der Film “Lilja 4-ever” geschaut, bei dem sich die Protagonistin auf die Flucht vor ihrem Zuhälter begibt. Danach wird in einer 40-minütigen Publikumsdiskussion mit dem Team und der Schriftstellerin (“Patriachale Belastungsstörung”) und Podcasterin (“Große Töchter”) Beatrice Frasl über den Film gesprochen.
7. „The Lives of Women“ – Fotoausstellung im WestLicht
22.11.-16.02. @ WestLicht / Westbahnstraße 40, 1070
Eintritt: zwischen 0€ und 12€
Ihr interessiert euch für das Leben von Frauen im 20. Jahrhundert? Dann lohnt sich ein Besuch der Fotoausstellung “The Lives of Women” von Mary Ellen Mark (1940–2015). Die Ausstellung zeigt die oft prekären Lebenswelten von Menschen an den Rändern der Gesellschaft, insbesondere die von Frauen und Mädchen. Die US-amerikanische Fotografin ist eine der wichtigsten Vertreter:innen einer humanistischen und engagierten Fotografie im 20. Jahrhundert. Das Westlicht beschreibt, dass sie mehr als nur die “Zeugin” der schlechten Lebensumstände war, sondern sich gleichzeitig selbst zur Anwältin ihrer Protagonistinnen machte.
Es geht in der Ausstellung zwar nicht konkret um Gewalt an Frauen, aber ist thematisch trotzdem relevant.
8. Act Now – ein Abend gegen Gewalt an Frauen mit UN Women Austria
Impulsvorträge mit musikalischer Begleitung von femchor und Ursula Strauss mit Ernst Molden, unter dem Titel “Act Now – ein Abend gegen Gewalt an Frauen”
05.12., 18:00 @ Impact Hub Vienna
Veranstaltet von: UN Women, Tickets erhältlich gegen freie Spende
Viele von euch kennen sie wahrscheinlich – die orange beleuchteten Gebäude, die während der 16 Aktionstage erstrahlen. Seit 2015 findet die UN-Kampagne “Orange the World” jährlich statt, bei der mit der Beleuchtung von Gebäuden ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt wird und zur Enttabuisierung des Themas beiträgt. Am 5. Dezember kommt die Kampagne zu einem Höhepunkt mit der Veranstaltung Act Now – ein Abend gegen Gewalt an Frauen, bei der unter anderem Impulsvorträge von der Schauspielerin und Sängerin Ursula Strauss oder dem Autor und Unternehmer Ali Mahlodji zu hören sein werden.