Die Wut als Gift und Befreiung: was mache ich mit meiner Wut? Ein Abend über den kollektiven sowie individuellen Kampf mit dem patriarchalen System und den Problemen der unerwünschten und unterdrückten weiblichen Wut.
Hard Facts: 1Std 20Min, Eigenproduktion des feministischen Kosmostheater, noch bis 01.02.2025 zu sehen.
Weitere Termine: 21./22.*/23.**/24./25./29./30./31. Jän. & 1. Feb. | 20:00
* 19:00 Einführungsgespräch | ** Publikumsgespräch im Anschluss
ACHTUNG: Stroboskopeffekte!
“Aqua Tofana” bezeichnet ein Giftmittel aus dem 17. Jahrhundert, getauft nach seiner Erfinderin Frau Tofana. Mit dem Gift haben vorwiegend Frauen ihre unliebsamen Ehemänner ermordet.
Safe Spaces & Gift?
FLINTA*-Personen produzieren das Gift “Aqua Tofana” in ihrer Zufluchtsstätte unter der Oberfläche. In der warmen, dunklen Höhle fühlen sich die wütenden FLINTA*-Personen wohl. Zurückgezogen vom patriarchalen System, das ihre Wut nicht haben wollte, entspannen sie sich. Weit weg von den ewigen Diskussionen um die eigenen Gefühle, die als hysterisch und psycho abgetan werden. Doch einige werden nach dem jahrelangen Rückzug in die Höhle neugierig: Was passiert oben an der Oberfläche?
Oben angekommen, erkennen sie: naja, nicht viel ist passiert. Das System ist noch da, dieselben ewigen Diskussionen. Sie haben ihre Wut wieder mit dabei, ihre Erfahrungen und Erinnerungen. Aber irgendwie will an der Oberfläche niemand diese Wut haben. Die Auseinandersetzung, der Kampf mit dem patriarchalen System ist zu anstrengend. Nach einem langen Diskurs in Form von Songs, kollektiven Gedanken und einzelnen Schicksalen, kehren sie doch wieder in die Höhle zurück. Aber ihre Wege zur anderen Welt, die Tunnel, die sie nach oben gegraben haben, bleiben erhalten – und andere können diese nach ihnen noch nutzen.
Weibliche Wut irritiert im Alltag.
Der feministische Kampf nimmt kein Ende. Das Publikum ist immer Teil des Systems, das die FLINTA* des Stücks abhandeln. Dabei wird man aber nicht nur angegriffen, sondern fühlt sich auch einfach mal gezeigt und verstanden – besonders als Frau. Ein Song der Musikerin Katarina Maria Trenk (KTM) besingt die Wörter, die wir alle schonmal gehört haben, wenn wir wütend waren: psycho! hysterisch! instabil! einfach nur crazy! Denn die weibliche Wut stört das System, sie irritiert, sie soll, muss, darf nicht existieren.
Die Abhandlung ist entsprechend wichtig, so wie der Hinweis, dass man sich damit auch verletzlich zeigt und angreifbar wird.
Grelles, farbenfrohes, apokalyptisches Theater
Die Optik der Höhle, warm, kuschelig und mit “clean-girl” meets Höhlenmenschen Kostümen, wird scharf kontrastiert mit der grellen, gelben Plastik Landschaft der Oberfläche, die im ersten Moment in den Augen sticht. Auf ihrer Expedition sind sie mit roten Ganzkörperanzügen ausgestattet, die an die Serie “Haus des Geldes” erinnern: Sie sind auf dem Weg, das System auszuhöhlen!
Und so wütend man werden kann, fast schon zu ruhig sind die Figuren, bis auf der Bühne genau das ausgesprochen wird. “Sie werden hier heute keine explodierende Wut sehen.” Aber Wut treibt an, sie treibt aus dem Raum des Angenehmen und Bekannten heraus. Sie bringt Handlungsspielraum.
Die Höhle ist Befreiung und Einengung zugleich, denn mit dem Rückzug wird der Platz oben dem patriarchalen System überlassen.
Die Rückkehr in die Höhle ist wie ein Heimkommen in einem sicheren Raum. Man kann sich entspannen, es wird Rücksicht genommen. Es ist hoffentlich kein Aufgeben, sondern nur eine Verschnaufpause. Aber dort unten werden sie immer mehr. Diejenigen, die gekommen sind, um nicht mehr wütend sein zu müssen, sondern um einfach nur zu existieren. Denn die immer wiederkehrenden Kämpfe machen müde.
Fazit: Bereitschaft zur Wut & ein spannender Diskurs.
Bunt, laute Musik, kollektives Sprechen. An diesem Abend wird die Wut abgehandelt, in kürzester Zeit wird viel erzählt. Für ein feministisches Publikum, das sich mit dem Diskurs auf der Bühne den Facetten der Wut widmen möchte.