Der preisgekrönte Kabarettist kämpft in seinem neuen Solo gegen sein inneres „Monster“ und zerlegt Geschlechterklischees.
Seit „Galápagos“ ist Berni Wagners Faible für skurrile Bühnen-Outfits allgemein bekannt. Und so klagt er zwar in seinem neuen Solo „Monster“, dass er sich oft selbst nicht wiedererkenne, obwohl er immer bekannter wird, ist aber eigentlich unverkennbar mit seinen wilden Locken, dem schwarzen Leoparden-Oberteil, den neongelben Shorts und den schwarzen Leggings unter dem schwarzen Plastikmantel mit Kunstpelzbesatz. Er sieht damit aus wie ein echter Mann. Oder?
Achtung, Fangfrage!
Der mehrfach ausgezeichnete Kabarettist (zuletzt Programmpreis beim Österreichischen Kabarettpreis 2024) spielt von Beginn an mit Geschlechterklischees und stellt philosophische Betrachtungen an, die rasch ins Absurde abgleiten und doch enorm intelligent und tiefsinnig sind. Zum Beispiel die Frage: Was ist ein echter Mann?
Eine endgültige Antwort findet er nicht, aber auf dem Weg dorthin nimmt er ganz viele Erkenntnisse und Wortspiele mit. Vor allem, wenn er sich über echte Männer lustig macht – aber nicht nur über sie. Berni Wagner spart auch sich selbst nicht aus und schwelgt in Selbstironie.

Lieber Weichei als Hodenkrebs
Es hat hohen Unterhaltungswert, wenn er sich im Geiste einen brutalen Fantasie-Infight mit dem Papst liefert (der, pazifistischer Jesuit hin oder her, jeden schlagen würde, der seine Mutter beleidigt) oder eine Kampfsportschule besucht, wo das Monster in ihm befreit werden soll. Damit sind wir wieder zurück beim Programmtitel. Was dieses Monster ist, wird hier nicht verraten. Nur so viel: Weit weg vom beim Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichneten Programm „GHÖST“ mit Sonja Pikart und Christoph Fritz ist es nicht. Nur dass es in „Monster“ persönlicher wird, zum Beispiel wenn sich Berni Wagner an seine Musterung erinnert. Dann brüllt der ganze Saal vor Lachen: Die betroffene männliche Hälfte des Publikums weiß nämlich genau, worauf er anspielt – und die nicht betroffene weibliche bekommt wohl Bilder dazu in den Kopf, die noch abstruser sind als die Wirklichkeit.

Nun, die billigen Witze auf Kosten des ewigen Prügelknaben Bundesheer seien ihm verziehen, zumal er davor und danach einige wirklich gute Wuchteln schiebt. Die wiederum sind eigentlich gar nicht lustig, sondern tiefernst: Etwa, wenn Berni Wagner genüsslich das Schimpfwort-Repertoire echter Männer zerlegt und schlüssig erläutert, warum er lieber ein Schlappschwanz und Weichei ist, als an Priapismus oder Hodenkrebs zu leiden.
Heimat, Männlichkeit & Demokratie
Und dann sind wir plötzlich mitten in der Neutralitätsdebatte, die er auf die gesellschaftliche Ebene hebt. Nicht nur hier ist er entlarvend. Überhaupt seziert er sein Heimatland und dessen Bewohner (die männliche Mehrzahl stimmt in diesem Fall) und hält ihnen den Spiegel vor. Das tut weh – aber nur dann, wenn man(n) selbstreflektiert genug ist und darüber nachdenkt, dass die eigene Meinung vielleicht doch nicht die einzig wahre ist. „Monster“ entpuppt sich als ein Lehrstück über Demokratie, das nicht nur, aber auch echte Männer konsumieren sollten.
Berni Wagner wurde 1991 in Oberösterreich geboren. 2013 gewann er mit Auszügen aus seinem ersten Programm „Schwammerl“ den Grazer Kleinkunstvogel (Jury- und Publikumspreis). Beim Österreichischen Kabarettpreis erhielt er zweimal den Programmpreis: 2022 für „Galápagos“ und 2024 für „GHÖST“. Im Februar 2025 hatte sein fünftes Solo „Monster“ im Wiener Stadtsaal Premiere, mit dem er nun auf seine bisher größte Tournee geht.