Gott live – Marc Carnal ** Jetzt muss der Chef persönlich ran

In seinem Kabarettsolo arbeitet sich der Schweizer Wahlwiener an den großen Weltreligionen und deren Gottesbildern ab.

Der liebe Gott hat genug. Genug vom Benehmen der Menschheit. Genug von all der Scheiße, die auf unserer Erde passiert. Und eigentlich auch genug davon, als “lieber Gott” tituliert zu werden. “Warum nicht ‘cooler Gott’ oder ‘geiler Gott’?” Das fragt sich Gott auf der Bühne der Wiener Kulisse. Gott hat nämlich erkannt, dass das Kabarett die einzige vernünftige Form ist, um mit den Menschen in direkten Kontakt zu treten.

Da steht er nun ganz in Weiß und bloßfüßig vor uns im Körper von Marc Carnal, in den er gefahren ist, als er sich dazu herab ließ, jetzt einmal selbst auf die Erde zu kommen. Nach mehreren Fehlschlägen mit Adam und Eva, Noah, Abraham und Jesus muss der Chef jetzt selbst ran. Weil der Heilige Geist unsichtbar ist und die Jungfrau Maria keinen Bock hat, sich mit der Menschheit herumzuärgern.

Gott sein ist gar nicht so leicht! (c) Mathias Ziegler

Ein Update zum Menschen 2.0

Auf die kommt übrigens einiges zu, kündigt Gott an. Denn das Update zum Menschen 2.0 hat es in sich. Die Details dazu verrät Marc Carnal in seinem Solo “Gott live”, das ansonsten von der Rahmenhandlung her ein Streifzug durch mehrere tausend Jahre Bibelgeschichte ist. Inklusive einiger Richtigstellungen zu gewissen, sagen wir nicht ganz richtigen Darstellungen.

Der in Zürich geborene Wahlwiener, der bereits zwei ORF-Hörspiele des Jahres sowie zahlreiche satirische Beiträge für FM4, Ö1, den Falter oder die Tagespresse verfasst hat, begibt sich dabei auf dünnes Eis, jedoch ohne dieses dabei allzu sehr zu belasten. Ja, die Gesellschaftskritik, die er entlang der verschiedenen Religionen übt, ist bissig und zutreffend, aber niemals beleidigend. Und er zerrt sein Publikum auch nicht aus dessen Komfortzone.

Charmant und sympathisch

Gemeinsam verbringt man einen unterhaltsamen Abend, an dem die einen vielleicht das eine oder andere Detail zu Altem und Neuem Testament, Tora und Koran dazulernen und die anderen sich in ihrer eigenen Bibel-Exegese bestätigt sehen. Und bis zuletzt ist nicht ganz klar, ob Marc Carnal in seiner Rolle als Gott die großen Weltreligionen und ihre Gottesbilder grundsätzlich in Frage stellt, sie bloß ein wenig zurechtrücken will – oder doch einfach einmal Gott spielen wollte.

Fest steht allerdings, dass er ein durchaus charmanter und sympathischer Gott ist, dem man schon zutrauen würde, dass ihm das Wohl seiner Schöpfung ein echtes Anliegen ist. Zumindest solange ihm niemand seine Äpfel wegisst. Denn da hört sich der Spaß auf, selbst für den lieben Gott.

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