Bei „Biedermann und die Brandstifter“ denkt man an Funken, lodernde Feuer und undurchdringlichen Rauch. Was man stattdessen bekommt, ist etwas viel kleinbürgerlicheres und scheinheiligeres. Max Frischs Drama ist ein Stück über Mitläufertum, Mitverantwortung und Opportunismus.
Bevor das Stück beginnt, gibt es noch ein kurzes Heads-up: Die Schauspielerin Lore Stefanek ist an diesem Abend krank. Ihre Rolle übernimmt Kollegin Juliette Larat aus dem Chor der Feuerwehrleute, die sie kurzfristig einstudiert hat. Ohne diesen Hinweis wäre es Theater-Noobs wahrscheinlich gar nicht aufgefallen. Was aber ins Auge sticht: Das Ensemble besteht zu einem Großteil aus Frauen – ein absoluter Pluspunkt!
Worum geht’s?
Der Haarwasserfabrikant Gottlieb Biedermann lebt mit seiner Frau Babette in einem Haus und empfindet große Wut gegenüber den Brandstiftern, die in der Stadt ihr Unwesen treiben. Sie geben sich als Hausierer aus, um Zugang zu den Häusern zu bekommen und sie anschließend in Brand zu setzen. Obwohl Biedermann genau über diese Vorgehensweise Bescheid weiß, gewährt er dem Hausierer Josef Schmitz dennoch einen Schlafplatz auf seinem Dachboden. Seine Frau Babette ist zunächst skeptisch, lässt sich aber – ebenso wie ihr Mann – von Schmitz einlullen. Als dessen Freund Wilhelm Maria Eisenring hinzukommt, wird immer deutlicher, dass die beiden tatsächlich die gesuchten Brandstifter sind. Und so nimmt das Lehrstück seinen Lauf – und bleibt, wie angekündigt, ohne Lehre.
Klassisch – aber mit mehr Frauen auf der Bühne
Die Inszenierung wirkt sehr klassisch. Das Bühnenbild ist so gestaltet, dass es sich flexibel an die Szenen anpassen lässt. (Übrigens: Requisiten wie Stühle mit Rollen? Klingt logisch – aber war mir vorher nie bewusst!) Am Skript selbst wurde wenig verändert. Keine Modernisierung, keine großen Neuerungen – die Handlung scheint so inszeniert, wie Frisch es sich vielleicht gewünscht hätte. (Vielleicht mit mehr Männern, aber wer weiß.) Das Bühnenbild in der “Hölle” ist aber so karg, dass man vielleicht nicht sofort verstanden hat, wo Ehepaar Biedermann sich nun aufhält.

Brandaktuell und ein Throwback in die Vergangenheit
Auch wenn diese Aufführung keine super moderne Neuinterpretation ist, bleibt das Thema brandaktuell. (Ha-ha, Wortwitz.) Was auf der Bühne passiert, ist schwer in Worte zu fassen. Man versteht als Zuschauer*in, dass Biedermann ignorant ist und sich selbst als guten Menschen sehen will. Er nimmt durchaus wahr, was in seinem Haus geschieht – aber er weigert sich, es wirklich anzuerkennen. Biedermann belügt sich selbst.
Und woran erinnert das? An die österreichische Opferthese. Die Vorstellung, dass Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen sei, verschleiert, dass viele Österreicher*innen den „Anschluss“ begrüßten und nicht nur Opfer, sondern auch Mittäter*innen* waren.

Fazit? Sehenswert, lustig und zum Nachdenken.
“Biedermann und die Brandstifter” garantiert einen Theaterbesuch, so wie man ihn sich vorstellt. Er denkt zum Nachdenken und Reflektieren an, hält aber auch den ein oder anderen Lacher bereit. In Hinsicht auf die derzeitige politische Lage in Österreich ist das Stück moderner, als es sich vielleicht beim Schauen anfühlt. Es ist also nicht ganz “ohne Lehren”, so wie Max Frisch es nannte. Und auch für diejenigen, die das Stück noch nicht kennen, lohnt sich ein Besuch.