„Wir werden sowieso keine Pension mehr kriegen!“
Glaubt man Josef Jöchl (Jahrgang 1981), dann ist es dieser fatalistische Satz, der seine Generation eint. Es ist dieser eine Satz, auf den sich die 30- bis 45-Jährigen einigen können, im Bewusstsein, eigentlich keine Zukunft zu haben (und den Klimawandel und seine Folgen bringen wir da jetzt bitte erst gar nicht mit ins Spiel). Wer keine Zukunft hat, sollte aber zumindest eine Vergangenheit haben, von der er/sie zehren kann.
Josef Jöchl und die Grundsatzfragen einer Generation.
Nur was, wenn ihm diese Vergangenheit verloren gegangen ist? Wenn alle Erinnerungen plötzlich weg sind? Also nicht weg im Sinne von vernichtet, ausgetilgt, vergessen – aber zumindest nicht direkt greifbar. Weil sie nämlich in Form von digitalisierten Fotos irgendwo in den Weiten des Internets in irgendeiner Cloud liegen, die mit einem Passwort geschützt ist, das Josef Jöchl schlichtweg vergessen hat. Und das macht ihn rasend. So rasend, dass er sich ein ganzes Comedy-Programm lang in Rage redet und damit sein etwa gleichaltriges Publikum zum Johlen bringt. Denn er spricht dabei das Lebensgefühl seiner Alterskohorte an.
Rasch stellt man fest: Es geht längst nicht mehr um ein deppertes Passwort (das sich nebenbei bemerkt mithilfe der hinterlegten E-Mailadresse zurücksetzen ließe, aber wer will sich schon damit die finale Pointe des Abends kaputtmachen?), sondern um viel grundsätzlichere Dinge. Es geht darum, wer wir sind, wie wir mit unserem eigenen Leben umgehen und mit wem wir uns dabei umgeben. Es geht auch darum, über welche Nebensächlichkeiten wir uns Sorgen machen, während wir die ganz großen Probleme ausblenden. Und es geht nicht zuletzt um die Frage, welche Erinnerungen es tatsächlich wert sind, sie zu behalten.
Welche Erinnerungen sind es wert, sie zu behalten?
60 Minuten ohne Pause spielt Josef Jöchl in seinem aktuellen Programm „Erinnerungen haben keine Häuser“ sich selbst – oder doch nicht? Man weiß es nicht so genau bei Alter Egos, die Kabarettist*innen auf die Bühne stellen. Und ebenso wenig ist man nach diesen 60 Minuten sicher, ob man nun tatsächlich Antworten auf die aufgeworfenen Fragen bekommen hat.
Aber wahrscheinlich beantwortet man sie ohnehin am besten selbst. Weil schließlich jeder selbst der größte Experte für das eigene Leben ist – auch wenn es manchmal absurde Wendungen nimmt, die man selbst nicht vorhergesehen hat. Frag nach bei Josef Jöchl. Und während andere mit den Fettnäpfen hadern, in die sie treten, macht er daraus eine einstündige Comedy.
Josef Jöchl, geboren 1981 in Kitzbühel, zog nach der Matura nach Wien, wo er den politisch-korrekten Comedy Club (PCCC), die erste queere Comedy-Bühne Wiens, mitbegründete. 2022 gewann er mit seinem Programm “NOBODY” den Freistädter Frischling. Für das Magazin “The Gap” schreibt er die Kolumne “Sex and the Lugner City”.
Nächste Termine “ERINNERUNGEN HABEN KEINE HÄUSER”:
04.02./18.03. Kabarett Niederair (Wien), 22.03. Theater am Alsergrund (Wien), 09.04. ARGE Kultur (Salzburg)