Der Godfather des österreichischen Kabaretts feiert mit seinem neuen Programm ein mehrfaches Jubiläum.
77 Jahre alt, davon 50 Jahre Kabarett, und jetzt das 30. Soloprogramm. Angesichts dieser vielen schönen runden Zahlen ist es eigentlich kein Wunder, dass Lukas Resetarits sein Jubiläumsprogramm “Glück” betitelt hat.
Es ist eine beeindruckende Karriere, die bei Erichs Geburt am 14. Oktober 1947 im südburgenländisch-kroatischen Stinatz nicht absehbar war. Was, wieso Erich? Na weil das Lukas Resetarits’ erster Vorname ist. Aber als er 1975 Mitglied der Kabarettgruppe “KEIF” wurde, gab es dort schon einen Erich, nämlich Erich Demmer (neben Wolfgang Teuschl, Erwin Steinhauer und Alfred Rubatschek), weshalb sich Resetarits für seinen zweiten Vornamen Lukas entschied, mit dem er in Österreich weltberühmt geworden ist. So wie sein leider schon verstorbener jüngerer Bruder Wilhelm Thomas Resetarits mit dem selbst gewählten Vornamen Kurt (Ostbahn) bekannt wurde. Nicht zu vergessen ist der Vorname Adolf (Kottan), mit dem Lukas Resetarits ebenfalls seit 1976 untrennbar verbunden ist.
Nachzulesen ist all das, ebenso wie Lukas Resetarits’ Zeit als Gepäckabfertiger auf dem Wiener Flughafen, in seinen Memoiren “Krowod”, die 2022 erschienen sind. Damals hatte auch sein voriges Programm “ÜBER LEBEN” Premiere, das sehr autobiografisch war. Und auch im Jubiläumsprogramm “Glück” schaut Lukas Resetarits ganz weit zurück, aber gleichzeitig auch ein kleines Stück nach vorn.
Knister*Wissen: Die Familie Resetarits
Erich Lukas Resetarits am 1947 in Stinatz im Burgenland geboren, ein Jahr später kam sein Bruder Willi (2022 verstorben) zur Welt, der später Berufsmusiker wurde und sich mit seinem Lebensprojekt Integrationshaus für Flüchtlinge einsetzte. Wie die meisten Einwohner von Stinatz gehörte die Familie Resetarits zur Volksgruppe der Burgenland-Kroat*innen. 1952 übersiedelte sie nach Wien, in den Arbeiterbezirk Favoriten, wo sie am Humboldtplatz wohnten und die Buben in der Pfarre St. Johann am Keplerplatz Ministranten waren. 1960 kam der dritte Bruder Peter zur Welt, der heute im ORF Sendungsverantwortlicher von “Am Schauplatz Gericht” und “Bürgeranwalt” sowie stellvertretender Leiter der Hauptabteilung Magazine und Servicesendungen ist. Er war mit der ORF-Moderatorin Karin Resetarits verheiratet und hat mit ihr drei gemeinsame Kinder. Lukas Resetarits hat zwei Töchter, Martina (geboren 1969) und Kathrin (geboren 1973), die bereits seit 1999 an seinen Kabarettprogrammen mitschreibt.
Über das “Glück” im Leben
Denn es geht ums Altern, und weder der Tod noch die Demenz (die er laut selbst ausgewertetem Uhrentest noch nicht hat) sind für ihn Tabuthemen. Ab einem gewissen Alter braucht man sich eben kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen. Und so kann er ungeniert darüber sinnieren, was für eine Sisyphos-Aufgabe das Hosentürl für alte Männer darstellt oder wie sinnlos ein Hörgerät ist, weil man damit eh nur das hört, was man nicht hören will. Dabei birgt gerade ein Hörgerät durchaus interessante, ironische Momente, zum Beispiel wenn man feststellt, dass bei diesen Mini-Hightech-Geräten Links blau und Rechts rot ist.
Und plötzlich ist der Godfather des österreichischen Kabaretts durch die Hintertür von der ganz persönlichen, selbstironischen Alltagsbetrachtung in die Sphären des Politischen geschlüpft, wo dann auch die Herren Kurz, Pierer und Benko ihr Fett abbekommen. Genauso elegant, wie er hinein spaziert ist, spaziert er gleich darauf wieder heraus, zurück ins Private. Er erinnert sich zum Beispiel an weit zurückliegende Schulskikurse oder Großväter, die “friedhofsfertig” im Anzug mit Hut und Schnürschuhen ihren Mittagsschlaf gehalten haben.

Was ist überhaupt “Glück”?
Wobei das mit der Erinnerung so eine Sache ist. Denn erstens ist sie sehr selektiv, und zweitens stimmt schon die alte Liedzeile aus Johann Strauss’ “Fledermaus”: “Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist.” Bloß, dass man genau das, was man gerne vergessen möchte oder besser vergessen sollte, natürlich genau nicht vergessen kann. Jedenfalls stellt Lukas Resetarits schon zu Beginn fest, dass das größte Glück darin besteht, sich selbst zu vergessen. Also zu vergessen, wer man ist. Schlimm genug, dass die anderen mit einem umgehen müssen. Da braucht man nicht auch noch sich selbst mit sich zu belasten.
Meint er das ernst oder doch ironisch? Man weiß es nicht so genau. Das Gleiche gilt für seine Feststellung, dass früher nicht alles besser war, weil es heute wirklich viel mehr spannende Dinge am Handy zu sehen gibt. Spricht hier die Altersmilde aus ihm? Die Altersweisheit jedenfalls kommt immer wieder zu Wort. Er meint zum Beispiel, dass es uns nicht fürs Glücklichsein reicht, wenn es uns einfach gut geht und nichts Schlimmes passiert. Und die Alterserfahrung lehrt ihn, dass der österreichische Mensch an sich nicht neidig ist, sondern zufrieden mit dem, was er hat – solange der andere weniger hat.
Alt und erfahren, aber nicht veraltet.
Auch nach 50 Bühnenjahren ist Lukas Resetarits’ Zunge so spitz wie eh und je, und sein trockener Humor (oder ist es doch der von Co-Autorin und Tochter Kathrin Resetarits?) hat nichts an Bissigkeit eingebüßt. Gerade in “Glück” zeigt sich, was seinen so großen Erfolg ausmacht: Er drückt den Finger sanft, aber punktgenau in die Wunden, seien sie gesellschaftspolitisch oder auch einfach vom bloßen Dasein als Mensch gerissen. Und er spricht damit vielen im Saal aus der Seele, die sich oft genug in seinen Schilderungen wiedererkennen. Auch denen, die nur halb so alt sind wie er.
