KNISTER*KRITIK: “PARALLAX” – quer durch die Generationen

Sujetbild Parallax
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Worum geht’s?

Eine Familiengeschichte aus drei Perspektiven: Evá, Léna und Jónás – Oma, Tochter, Enkel. Eine Familienidentität, die unterschiedliche Dimensionen annimmt, je nachdem welchem Familienmitglied frau gerade folgt. Jedes Familienmitglied lebt anders, blickt aus einer anderen Perspektive auf ihre Identität und doch hängen sie zusammen. 

Parallaxe = die “scheinbare Änderung der Position eines Objektes durch verschiedene Positionen des Beobachters.”

Teil 1 – Die Vergangenheit

Alles spielt sich in der Wohnung von Oma Evá ab. Evá erzählt ihrer Tochter zum wiederholten Male ihre Geschichte – geboren in Auschwitz, Diskriminierung durch ihren Status als Jüdin – welche sich diese nicht zum ersten Mal anhört. 

Die Geschichte Evás war sehr spannend und kraftvoll – eigentlich gewaltig. Man konnte ihr gut folgen, auch wenn die Untertitel etwas verzögert wirkten. 

Léna möchte sich von der Enge dieser Geschichte und Identität ihrer Mutter befreien, und zwar indem sie diese Geschichte nutzt, um Ungarn zu verlassen. Sie möchte ihrem Sohn Jónás ein anderes, ein besseres Leben in Deutschland ermöglichen. 

Evá möchte ihre jüdischen Wurzeln nicht hervorheben, Léna möchte davon profitieren.   

Léna steht im Fenster einer Wohnung und hört ihrer Mutter zu, die erzählend auf Screens abgebildet wird. Rundherum ist alles dunkel.
(c) Nurith Wagner-Strauss / Wiener Festwochen

Teil 2 – Identitätskrise

Der Enkel Jónás erscheint in der Wohnung seiner Oma, um zu der Beerdigung ebendieser zu kommen. Er ist vor seiner Mutter in der Wohnung und veranstaltet dort eine Sex-Party- viele nackte Männer auf der Bühne sind das Resultat. Jónás hat keinen Bezug zu den Identitäten der Familie – er fühlt sich nicht als Ungar, er fühlt sich nicht als Jude. Er ist in Deutschland aufgewachsen, die Ungarn ziehen ihn wegen seinem schlechten Ungarisch auf. 

Jónás möchte frei sein von diesen ihm zugeordneten Identitäten – er möchte einfach er selbst sein. 

Jónás feiert eine Sex-Party in der Wohnung seiner Oma. Man sieht eine altfatrische Wohnung, Jónás nackt mit zwei Männern unterhaltend.
(c) Nurith Wagner-Strauss / Wiener Festwochen

Teil 3 – Konflikt

Léna findet ihren Sohn in den Resten der Sex-Party und weist ihn zurecht: Sie wurde  hier von ihrer Mutter unterdrückt, nur sie hätte  das Recht diese Wohnung zu “zerficken”. Gemeinsam suchen sie die benötigten Sachen für die Beerdigung zusammen. 

Abschließend erscheinen alle Figuren wieder auf der Bühne, begleitet von einem Song. Gemeinsam tanzen sie durch die Wohnung, jede*r mit seiner*ihrer eigenen Signatur an Tanzbewegungen. Möglicherweise ein befreiender Akt? 

Lena erwischt ihren Sohn in den Resten der Sex-Party, Sex Spielzeug überall verteilt und weist ihn zurecht.
(c) Nurith Wagner-Strauss / Wiener Festwochen

Fazit

So stark der Inhalt und die Darstellung durchwegs war, hat mich das tanzende Ende etwas ratlos zurückgelassen. Und vielleicht ist das auch gut so – denn das Problem der unterschiedlichen Perspektiven und Lebenserfahrungen sowie das (Un-)Verständnis zwischen den Generationen lässt sich nicht wirklich auflösen.

Sprache: ungarisch, Untertitel: deutsch, englisch
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Team On- und Offstage:

Regie Kornél Mundruczó, Text Kata Wéber und Ensemble 
Mit Lili Monori, Emőke Kiss-Végh, Erik Major, Roland Rába, Sándor Zsótér, Csaba Molnár und Soma Boronkay
Dramaturgie Soma Boronkay, Stefanie Carp, Künstlerische Mitarbeit Dóra Büki 
Bühne Monika Pormale, Kostüm Melinda Domán, Licht András Èltetö, Musik Asher Goldschmidt, Choreografie Csaba Molnár, Regieassistenz Soma Boronkay, Produktion Dóra Büki, Assistenz Finanzen und Produktion Henrietta Horváth, Management Miklós Kékesi, Lichttechnik Zoltán Rigó, Tontechnik in Wien Zoltán Halmen, Janós Mazura, Requisite Gergely Nagy, Kamera Máté Takács, Mihály Teleki, Bühnenmeister Tamás Hódosy, Bühnentechnik András Viczkó, Ankleiderin Melinda Domán

Mehr zum Stück gibt’s hier.

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