“Jammern, Jammern, immer nur Jammern…“ – „Orlando“ ist eine Reise durch die Zeit, aber auch zu Identitäten, Liebe und Selbstfindung. Es beginnt mit einer fast schon traumhaften Atmosphäre: Die Zeit scheint still zu stehen, doch Orlando reist durch sie hindurch. Magdalena und Jan waren vor Ort.
Das Stück ist eigentlich eine Biografie, die auf der Bühne als Autobiografie eines Menschen erzählt wird, der über Jahrhunderte hindurch lebt. Dabei erlebt Orlando einerseits die verschiedenen Kulturen und Zeiten der Geschichte von außen und entdeckt andererseits die unterschiedlichen Facetten des Lebens von innen. Mal sozial gefeiert, mal verstoßen – mal Liebe, mal Herzschmerz, mal Freude, mal Wut – Orlando lebt durch alle Zustände durch.
Gender, Selbstfindung, Liebe… Worum geht’s eigentlich?
Die Geschichte beginnt im 16. Jahrhundert, wo Orlando als gutaussehender junger Aristokrat ein privilegiertes Leben voller Lust und Leichtigkeit führt. Er lebt ohne Sorgen – bis er nach dreißig Jahren plötzlich sieben Tage schläft und als Frau erwacht. Fortan navigiert sie durch die kommenden Jahrhunderte und lernt, wie unterschiedlich die Geschlechter in der Gesellschaft behandelt werden.
Trotz der philosophischen Tiefe bleibt das Stück zugänglich. Humorvolle Szenen, in denen Orlando mit ihrer/seiner neuen Identität hadert, lockern die ernsten Themen gekonnt auf. Diese Transformation einer Person wird auf der Bühne des Akademietheaters durch sieben Darsteller*innen verkörpert: Männer, Frauen, jung und alt – sie alle erzählen gemeinsam die Erinnerungen an das Leben, das Orlando geführt hat.
1928 vs. heute: Gut gealtert, poetisch & zum Nachdenken.
Ganz in schwarz gekleidet, mit einer Frisur, die an Frodo aus “Herr der Ringe” erinnert, erinnern und sinnieren sie über Liebe, Leben, Geschlecht und Identität. Durch vereinzelte Kleidungsstücke und Requisiten (hallo Reifrock und Perücke) werden im Burgtheater auch die wandelnden Mode-Trends gezeigt. Und natürlich kann Orlando sich über Orlando beschweren (“Das hab ich ja gesagt”/ “Jammern! Immer nur Jammern!”) Die Bühne selbst bleibt in weiß, mit einem langen halbtransparenten Vorhang – ein zeitloser Raum, in dem höchstens mit sanften Farben im Hintergrund gespielt wird.
Das Stück basiert auf Virginia Woolfs Roman aus dem Jahr 1928, dessen Themen heute aktueller denn je erscheinen – besonders im Kontext der Diskussionen über Geschlecht und Identität. Der Text wirkt erstaunlich modern und hält auch in der heutigen Zeit mühelos stand.
Unser Fazit?
„Orlando“ ist eine poetische Reflexion über Zeit, Identität und die Freiheit, zu sein, wer man sein möchte – und darüber, wie man die Zeit und das Leben, das man hat, gestalten kann. Perfekt für Literaturfans und alle, die über Konzepte von Gender und Zeit nachdenken wollen.
Wir waren gemeinsam im Theater – Magdalena kannte den Romaninhalt, Jan ließ sich überraschen. Entsprechend unterschiedlich waren auch unsere Erfahrungen an dem Abend. Auch wenn das Stück zugänglich bleibt, ganz ohne ein paar Eckpunkte ist die Handlung dann doch nicht so klar ersichtlich.
Daher für alle, die TL;DR haben:
➡️ Die sieben Figuren sind eine Person (Orlando!), die sich an ihre verschiedenen Lebenszeiten erinnert.
➡️ Orlando wird als Mann geboren, nach sieben Tagen Schlaf erwacht sie als Frau und lebt fortan als solche.
➡️ Der Roman wurde bereits 1928 von Viriginia Woolf geschrieben und ist eine fiktive Biografie.
➡️ Lasst euch darauf ein, nehmt es nicht zu genau – es macht einfach Spaß die Höhen (zB Liebe) und Tiefen (zB Herzschmerz) zu durchgehen. Vor allem wenn die Figur auch mal mit sich selbst debattiert!