In den Kammerspielen der Josefstadt geht es um Hoffnungen und Träume, die allerdings unerfüllt bleiben. Alle werden auf den kalten Boden der Realität zurückgeschlagen. So wie auch das Publikum unglücklich zurückbleibt, als George Lennie schließlich erschießt. Es hat sich nichts gelöst, es bleiben die gleichen Probleme bestehen, Gewalt wird mit Gewalt gekontert. Alle stecken in ihrer sozialen Realität fest.
Worum geht’s?
Die zwei Wanderarbeiter George und Lennie ziehen von Job zu Job, von Ranch zu Ranch, um sich ihren Traum vom eigenen Stück Land mit Haus und Hof leisten zu können. Diesen Traum haben in der Zeit der großen Depression viele in den USA. Ihr gemeinsames, unterstützendes Weiterziehen ist etwas besonderes, in der Welt, in der alle vor allen Angst haben und nur der Stärkste weiterkommt. George versucht, Lennie immer wieder vor Schwierigkeiten zu bewahren, in denen er sich immer wieder findet, da er ein Gemüt wie ein Kind mit einer entsprechenden fehlenden Emotionskontrolle ist, der in dem Körper eines sehr großen und starken Mannes steckt.
Klassische Blue Jeans und ein heißer Sonnenuntergang
Der Einstieg ist eine kurze Lesung aus dem Beginn des Romans, der die Landschaft genauer ausführen soll. Untermalt wird das ganze mit einem feuerroten Bühnenbild, mit einem sich drehenden Windrad in der Mitte. Eine Mischung aus Hitze der Südstaaten/Prärie und kalter, harter, grauer Maschinerie. Zusätzlich wird noch Country Musik gespielt, die mit dem Gesang der einzigen Frau im Ensemble (Paula Nocker) begleitet wird.
Die Kostüme (Herbert Schäfer, Vasilis Triantafillopoulos) markieren klar die Unterschiede zwischen den Arbeitern und dem Boss: Alle tragen Blue-Jeans, der Boss einen Anzug. Die Frau natürlich weder noch, sie trägt hohe Absätze. Aber sie ist auch nur als “Problem” im Gefüge der Männer wichtig.

Menschen oder Männer?
In Zeiten der Reflexion über toxische Männlichkeit und Alpha-Männer passt der Text von John Steinbeck aus dem Jahr 1937 gut hinein. Ein Haufen Männer misstrauen sich, während ein Männerduo versucht, sich gegenseitig zu schützen. Der Sohn des Chefs ist ein aggressiver Boxer, der seine Männlichkeit allen beweisen will. Seine namenlose Frau wird von allen als Hure wahrgenommen, weshalb sich alle vor ihr in Acht nehmen, um nicht selbst in Schwierigkeiten zu kommen. Doch so wie die einsamen und auf sich allein gestellten Männer, ist auch diese Frau einsam und sucht eigentlich nach Gesellschaft.
Es gibt viel Testosteron auf der Bühne. Eh klar, in so einem Stück. Im Englischen heißt der Titel “Of Mice and Men”, was man eigentlich als “Von Mäusen und Männern” übersetzen könnte. Nicht, dass Männer nicht auch Menschen sind. Aber es ist doch auffällig, wie das Wort “Mensch” dem ganzen eine allgemeine Formulierung und Gültigkeit gibt, wenn es sich doch um dezidiert männliches Leben und Schicksale handelt.

Das Patriarchat mal anders?
Das fragile System des Patriarchats und die damit einhergehende Vereinsamung und Isolierung der Männer von Gemeinschaft ist ein zentrales Thema. So sind aktuelle Themen auf der Bühne, besonders die Leistung von Robert Joseph Bartl ist hier hervorzuheben. Allerdings hat es die Inszenierung (Regie: Torsten Fischer) nicht ganz geschafft, den 1937 erschienenen Text in die Gegenwart zu bringen.
Eine inhaltliche (oder textliche) Änderung gab es allerdings: Die Schwarze Figur “Crooks” wird im Theaterstück nicht aufgrund seiner Hautfarbe diskriminiert und ausgegrenzt, sondern weil er ein illegaler Migrant ist. Ich weiß nicht ganz, wie ich das finde – oder ob ich die Umsetzung dieser kleinen Änderung gut finde.
Von Mäusen und Menschen – Kammerspiele Josefstadt
2:15, eine Pause – Premiere am 6.3.2025
Von John Steinbeck (1937), Deutsch von Katrin Janecke und Günter Blöcker
Regie: Torsten Fischer, Bühnenbild und Kostüme: Herbert Schäfer / Vasilis Triantafillopoulos, Dramaturgie: Herbert Schäfer, Licht: Sebastian Schubert
George: Claudius von Stolzmann, Lennie: Robert Joseph Bartl, Candy: Johannes Krisch, Curley: Luka Vlatković, Curleys Frau: Paula Nocker, Slim: Paul Matić, Carlson: Alexander Strömer, Crooks: Ljubiša Lupo Grujčić, Der Boss: Johannes Seilern